Dennis Müller im Interview!
Der deutsche Windsurfprofi Dennis Müller hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kinder und Jugendliche an den Windsurfsport heranzuführen und obendrein den Regatta-Nachwuchs in Deutschland zu fördern.
Zwanzig Jahre lang ist der Mann aus Wesel, der nun auf Norderney lebt, Regatten gefahren. Dabei konnte er sich regelmäßig in den top drei des Deutschen Windsurf Cups oder auch unter den zwanzig Besten im PWA World Cup platzieren. Regatten und Professionalität spielen somit eine große Rolle für den gelernten Bankkaufmann. Doch Windsurfen bedeutet für ihn noch viel mehr. Seine Passion für den Windsurfsport und den Lifestyle drum herum ist groß, so groß, dass er 2018 seinen festen Job bei der Bank auf Norderney kündigte und auf “eine Reise mit dem Wind” ging. In die Bank kehrte er bis heute nicht zurück. Doch aktuell sind es weniger die Regatten oder die Reiselust, die ihn anspornt als Windsurf-Profi weiterzumachen. Es ist die Nachwuchsförderung, in der er seine Bestimmung gefunden hat. Wir haben uns mit dem 35-Jährigen über seine neue Aufgabe unterhalten.
Dennis, wie bist du vom Regattafahrer und Weltenbummler zum Coach geworden? Hast du irgendwann einen Schlussstrich gesetzt oder ging das fließend?
Das ging fließend. Ich habe schon 2018 an meinem Surfverein, dem RTG Wesel, ein erstes Foilcamp gegeben. Da kam das Foilen gerade so auf. Ich konnte meine Expertise an die Vereinsmitglieder weitergeben und anschließend sind bei uns am Club fast alle gefoiled. Das war schön zu sehen und hat riesen Spaß gemacht. Das schrie sofort nach mehr. Während der Corona-Zeit habe ich dann meinen Trainer- und Sportbootführerschein gemacht. Anschließend ging es dann auch gleich mit den Verbandstrainings los und mein erstes Kids Camp auf Norderney stand an.
Ich darf mir jetzt nichts vormachen, dass ich mit meinen Coachings und Camps die Welt verändere, aber ich möchte einfach etwas gutes für den Windsurfsport tun. Weißt du, ich hatte damals meinen Bruder, der hat mir das Windsurfen beigebracht und wir haben uns gegenseitig gepuscht. Aber das hat nicht jeder, und ich habe das Gefühl, die Kinder und Jugendliche gehen heutzutage auch nicht mehr so selbständig an die Sache heran, denn es gibt ein riesiges Angebot an anderen Beschäftigungsmöglichkeiten, da gehören auch Konsolen und IPhones dazu. Ich möchte sie dennoch aufs Wasser bekommen.
Du bietest mittlerweile verschiedene Camps und Coachings an. Wie lautet dein Konzept in der Nachwuchsförderung?
Also es gibt da unterschiedliche Konzepte. Es gibt die Verbandstrainings für den Deutschen Foil-Nachwuchs, da geht es hauptsächlich um Leistung und Professionalität im Sport. Ich möchte den Nachwuchs dort ideal auf eine Regatta-Karriere vorbereiten. Es gehört natürlich auch immer Fun dazu. Ich war schon immer ein Freund davon, Dinge mit einem gewissen Spaßfaktor zu vermitteln, aber trotzdem steht die Leistung bei diesen Trainingseinheiten im Vordergrund. Bei meinen Kids Camps auf Norderney hingegen, da geht es ausschließlich darum Spaß zu haben. Ich versuche die Kinder und Jugendlichen über spaßige Challenges zu animieren, damit sie Lust auf den Wassersport bekommen. Die windsurferische Leistung ist dabei Nebensache.
Und die dritte Variante ist etwas dazwischen, jetzt beim Surf-Festival das Kids Camp zum Beispiel, da geht es darum, den Leistungsstand der Jugendlichen auf dem Wasser zu verbessern. Dort kommen Kinder und Jugendliche hin, die wirklich Bock haben im Windsurfen weiterzukommen, aber nicht unbedingt kurz vor der professionellen Regatta-Karriere stehen. Durch Lernfortschritte und schnelle Erfolgserlebnisse, möchte ich versuchen Motivation zu schaffen. Gleichzeitig ist es wichtig die Kids untereinander zu vernetzen, sodass sie sich gegenseitig motivieren, voneinander lernen können und sich vielleicht nach dem Camp weiterhin zum Surfen verabreden. Der Spaß am Windsurfen und das Erlernen neuer Techniken und Manöver steht hier im Vordergrund.
Wie sieht so ein Tagesablauf aus? Beispielsweise bei deinem anstehenden Kids Camp auf dem Surffestival?
Der Tag startet so gegen neun Uhr. Wir treffen uns in unserem Basislager und besprechen den anstehenden Tag. Die Kids schlafen bei ihren Eltern zu Hause – wir machen beim Surffestival also nur eine Tagesbetreuung. Wenn der Wind gut ist, versuchen wir zwei Sessions am Tag auf dem Wasser reinzukriegen. Nach der ersten Session machen wir eine Nachbesprechung und es gibt ein gemeinsames Mittagsessen. Nach der zweiten Session analysieren wir die Videos des Tages und gehen auf Fehler ein. Und wenn es keinen Wind hat, dann habe ich genügend Alternativen mit dabei: Ein Fitnessprogramm, Theoriestunden, in denen es nicht nur um Manöver, sondern auch zum Beispiel darum geht wie eine Profikarriere aussehen kann, oder wie der Windsurfmarkt strukturiert ist. Wie kann ein erstes Sponsoring ablaufen…? All diese Sachen greifen wir da auf. Auf der Bühne versuche ich die Kids auch mal zu interviewen, sodass sie vor Publikum sprechen und etwas über sich erzählen können.
Was würdest du sagen macht dich als Coach aus?
Meine Passion zum Windsurfen! Und dass ich auf einer Wellenlänge mit den Kids bin. Ich bin jetzt zwar auch schon 35, habe nicht den gleichen Slang und mache kein TikTok – bei Instagram kann ich ihnen vielleicht noch helfen (lacht). Trotzdem habe ich durch meine Passion zum Funsport Windsurfen eine extreme Nähe zu den Kids...und das macht’s aus, denke ich.
Arbeitest du ausschließlich mit Kindern und Jugendlichen, oder unterrichtest du auch Erwachsene?
Wir dürfen die Jugend nicht verlieren, damit der Windsurfsport eine Zukunft hat. Ich arbeite daher viel und auch sehr gerne mit Kids, biete jedoch auch Camps für Erwachsene an. Zum Beispiel die Woche darauf, auf Fehmarn, wird es ein Coaching für Erwachsene Foil Ein- und Aufsteiger geben.Das Wichtigste für mich ist, dass der Sport nicht ausstirbt. Und, dass man so viele Menschen wie möglich mit dem Windsurfsport infiziert – egal ob jung oder alt.
Siehst du Camps diesbezüglich als Mittel Nummer eins?
Ja, absolut. Wir müssen wieder näher an den Endverbraucher ran: Meet & Greet mit Profis, Testevents, Camps, Grillen nach der Session und gemeinsam ein kühles Getränk im Sonnenuntergang genießen. Windsurfen ist ein Lifestylesport und so müssen wir ihn auch vermitteln. Natürlich kann man Jugendliche auf TikTok und Co. “catchen”, beziehungsweise auf den Sport aufmerksam machen, doch es fehlt dann jemand, der aktiv wird und sie tatsächlich aufs Wasser bringt. Die Kids brauchen die Nähe und auch hautnah die Stars, zu denen sie hinaufschauen. Dann erreicht man sie nachhaltig und nicht nur für ein paar wenige Sekunden. Generell sucht die Windsurfindustrie doch ständig die Nähe zum Kunden, durch Camps lässt sich diese sehr gut herstellen.
Hast du große Pläne oder eine bestimmte Vision was die Nachwuchsförderung die nächsten Jahre angeht?
Ich möchte auf jeden Fall erstmal so weitermachen und so viele Camps wie möglich anbieten.Möglichst viele Jugendliche an einem Ort zusammenbringen, vernetzen und eine geile Zeit zusammen verbringen, das ist mir wichtig. Ein paar Visionen habe ich auch, aber die können mich auch manchmal ziemlich ärgern. Ich habe gedacht, dass es besonders auf Norderney stärker zünden wird mit dem Nachwuchs im Wassersport. Ich habe aber noch ein paar weitere Ideen, um den Wassersport auf der Insel in Zukunft größer zu machen. Ich möchte dort irgendwann einfach nicht alleine surfen.
Danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!